juliwellen
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Das erste Interview: Wie es mit der Süddeutschen klappte

Lange habe ich gebraucht, diesen Artikel zu schreiben und zu veröffentlichen. Und sei gewarnt: Es ist ein längerer Text. Warum? Es ist mir wichtig, dir meine Learnings mitzugeben. Und derer gab es viele. Der Erstkontakt mit der Presse - das ist schon was. Also ... erinnern wir uns zurück. Es ist Juli ...

Der Termin zur Lesung bei der Buchhandlung steht fest und damit auch: Wir müssen die Veranstaltung bewerben. Auch - oder gerade - in den lokalen Medien. Ich bekomme drei E-Mail-Adressen von Journalist:innen dreier unterschiedlich großer (lokal, regional, überregional) Zeitungen in die Hand gedrückt:
Schreib die mal an.
Okay..., aber: Was schreibe ich? Wie schreibe ich? Wieviel? Was ist, wenn sie sich nicht melden? Und was passiert, wenn sie sich melden und Interesse haben?

So hat es bei mir geklappt: Mein erstes Interview - mit der Süddeutschen Zeitung:

Schritt 1: Kontaktaufnahme

Es ist nichts Neues: Auch die Zeitungsredaktion bekommt mehr Post als ihnen lieb ist, und meine E-Mail (Absender: Unbekannt) ist nur eine von unzähligen. Also fasse ich mich kurz. Hier mein Text:

Liebe Frau…

am X. werden die Buchhandlung Y und ich eine Lesung veranstalten. Ich werde dabei aus meinem Debüt „Dieser eine Ort“ lesen. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie über das Buch und/oder die Veranstaltung berichten möchten.
Gerne sende ich Ihnen bei Interesse ein Rezensionsexemplar zu.


Learnings: Bevor du die Medien kontaktierst, sei konkret!

  • Konkrete Ansprechpartner recherchieren oder nennen lassen. Vielleicht auch vorab beim Veranstalter oder der Buchhandlung fragen, ob sie entweder jemanden kennen (so wie in meinem Fall) oder ob sie eine gemeinsame Pressemitteilung mit dir versenden wollen.
  • Konkreten Bezug oder Aufhänger herstellen: Termin mit Veranstaltungshinweis, Verweis auf Neuerscheinung, Debüt o.ä.
  • Lokaler Bezug ist immer hilfreich: Bist du ein/e Autor/in aus dem Ort? Oder spielt dein Roman in der Gegend?
  • Konkreter Vorschlag: Einladung zur Veranstaltung, Einladung für eine Berichterstattung, Einladung, das Buch als Rezensionsexemplar zu erhalten
    Daher: Halte für jeden Kontakt je ein Rezensionsexemplar bereit.

E-Mails zugeschickt? Dann heißt es jetzt: Geduld haben und abwarten.

Schritt 2: Sie melden sich (nicht)?

Von meinen drei Kontakten melden sich zwei nicht. Überraschenderweise kommt keine Reaktion von den Ortsnachrichten. ??? Dafür aber von der überregionalen Zeitung, der Süddeutschen. Ehrlich? Damit habe ich am wenigsten gerechnet, aber sehr darauf gehofft. :)

An die Nicht-Melder schicke ich ein paar Tage vor Veranstaltung einen Zweizeiler als Reminder mit Hinweis auf die Lesung und freue mich, wenn sie noch darüber berichten möchten. Dann lasse ich los und konzentriere mich auf: Die Redakteurin der Süddeutschen. Sie hat um ein Rezensionsexemplar gebeten, das ich per Post zukommen lasse. Warten.
Warten.
Warten.
Warten.
Ping! You got mail: Das Buch hat ihr gefallen. Sie möchte mich interviewen und einen Termin mit mir ausmachen.

Jippi! Whoupwhoup!

Learnings: Bleibe in Kontakt ohne zu nerven

  • Geduld haben
  • Für die Post:Eine Buchsendung ist eine Sendung OHNE jegliches Anschreiben. Via "Briefpost" kannst du deine Grußkarte dazupacken. Ich habe eine Buchsendung verschickt und es anschließend schade gefunden, denn einen kleinen Gruß hätte ich doch gerne mitgeschickt.
  • Warte mit dem reminder und wenn du einen schreibst: Kurzhalten.
    Vom Münchner Merkur kam: Man würde sich “den Termin mal in den Kalender eintragen” und dabei habe ich es dann belassen. Der Merkur war auch nicht bei der Lesung. Ist ok. Denn dafür habe ich etwas anderes bekommen. Aber erstmal vorbereiten…

Schritt 3: Vorbereitung auf das Interview

Ab jetzt wird es spannend: Wie bereite ich mich vor? Muss ich mich überhaupt vorbereiten? Was sage ich? Was will sie wissen? Was ist wichtig? Fragen über Fragen. Ich komme in den gleichen Stress wie bei einem Vorstellungsgespräch. Am liebsten hätte ich direkt zurückgeschrieben und sie mit Danke und Fragen überhäuft.
Stopp!
Ich rede mit meinem Schreibbuddy Petra. Mit meiner Familie. Ruhig bleiben. Bei dir bleiben. Freu dich: das hier ist kein Test. Hier möchte jemand etwas Schönes über dein Werk schreiben. Überlege dir daher: Was sagst du ihr?


Learnings: Was möchtest du, das die Leser da draußen über dich und dein Buch erfahren (und was nicht)?

  • Welches Bild von dir als Autor/in möchtest du zeigen?
    Es geht nicht um einen CV oder berufliche Erfolge. Es geht um meine Vita als Autorin! Ganz wichtig: Wie ist das Schreiben zu dir gekommen? Seit wann? Warum? Was schreibst du? Was liebst du am Schreiben?
    Und ein wichtiger Tipp von Petra war: Wo ist deine Grenze? Was möchtest du NICHT nach außen weitergeben? Denn das Schreiben ist meist eine sehr persönliche Angelegenheit.
  • Was sollen Unbekannte über dein Buch erfahren?
    Wie ist die Geschichte/das Thema zu dir gekommen? Wie ist es entstanden? Welche Erkenntnisse, Hürden hast du gehabt? Worum geht es? Worum geht es nicht? Hast du eine nette Anekdote aus deinem Schreibprozess zu erzählen?
  • Und zu guter Letzt ein paar technische “Weiß doch jeder”-Hinweise: Prüfe deine Software (Updates von Zoom, Installieren von Teams …?)
  • Rückfragen nur, wenn notwendig. Da ich keinerlei Erfahrung und die Süddeutsche mir auch außer einem “Gespräch” keine weiteren Informationen zum Ablauf geschickt hatte, habe ich einmal nachgefragt: wie sie das Gespräch gerne führen möchte und um was es ihr gehen wird. Sie hat mir geschrieben, worum es ihr im Artikel gehen wird: Über die Entstehungsgeschichte des Buches. Ob ich selbst eine besondere Beziehung zum Feringasee oder zum Baden allgemein habe? Was mich inspiriert hat, meine Geschichten rund um diesen See zu spinnen? Wie komme ich auf meine Figuren (oder die Figuren zu mir)? Und: "was das Schreiben und Lesen in uns auslöst, mit uns macht." Schöne Frage, passende Fragen, Fragen, deren Antworten seit Jahren in mir gewachsen sind. Ich freue mich, darüber zu sprechen! 


Schritt 4: DAS Interview

Wir sind um 14 Uhr verabredet und ich kann ab 13 Uhr nicht mehr stillsitzen. Ich tigere durch die Wohnung und versuche, NICHT mehr auf meine Notizzettel zu schauen.
Es ist alles in mir - darauf vertraue ich.
Nach ein paar technischen Ruckeleien lacht mich ein freundliches Gesicht über den Bildschirm an. Sie beginnt mit lobenden Worten. Das freut und entspannt mich gleich mal.

Lächeln nicht vergessen, Julia.
Wir unterhalten uns eine knappe Dreiviertelstunde. Es ist wirklich ein Gespräch. Ein Austausch auf Augenhöhe. Sie ist interessiert und aus mir sprudelt es heraus. Eine Frage fließt in die nächste. Wir sprechen über das Schreiben, über das Thema “Wasser”, über meine Figuren. Sie möchte wissen, wie ich die Namen finde. Wie ich auf den Ort kam. Ich erzähle ihr, wie “Dieser eine Ort” entstanden ist. Seit wann ich schreibe, zunächst als Hobby, dann ernsthaft.

Learnings: Ein Austausch auf Augenhöhe - Wertschätzung erfahren

  • Stichworte für den “Blackout” bereitlegen
  • Fakten parat haben: Veröffentlichungsjahr, Seitenzahl, Kapitelzahl, wichtige Stationen, Thema, Namen der Protagonisten. Ich weiß, klingt banal. Im Zeichen erhöhter Nervosität gehen aber genau diese kleinen Details gerne mal verloren…
  • "Haben Sie ein Foto von sich, vom Buchcover und eine Telefonnummer?" - auch das sind Fragen, die kommen werden :)
  • Atmen, sich freuen und authentisch sein. Nervosität, Lampenfieber inklusive. Ich sage ihr auch, wie riesig ich mich freue,, dass sie sich die Zeit für mein Buch und mich genommen haben. (Und es ist wirklich eine Wertschätzung: Ob Blogger/in oder Journalist/in: Sie haben dein Buch gelesen und nehmen sich die Zeit, darüber zu sprechen und zu schreiben!)
  • Die Fragen kommen lassen.
  • Die Antworten auch. Zeit nehmen.
  • Vertrauen: Sie wissen was sie tun. Du weißt, was du geleistet hast. Niemand kennt sich mit dem Buch so gut aus wie du. Es ist alles in dir.


Schritt 5: Sie bedankt sich für das Gespräch - was jetzt?

Wieder einmal: Warten. Vertrauen. Warten. Vertrauen.
Natürlich hätte ich ihr noch mehr erzählen können. Natürlich sind meine Notizzettel übervoll mit Stichworten gewesen, die ich nicht gebraucht habe. Natürlich bleibt die Sorge: Habe ich ihr alles so erzählt, dass daraus das wird, worin ich mich wiederfinden kann?

Eine Woche vor der Lesung bekomme ich die Mail: Der Bericht ist veröffentlicht.

Das Ergebnis: Eine Dreiviertelseite im Lokalteil der SZ

Learnings: Tadaaa: Stell dir vor, du wachst auf und stehst in der Zeitung!

  • Sie schicken keinen Text zur Freigabe. (Dafür müsste ich wohl ein bisschen mehr Berühmtheit erlangen?)
  • Sie melden sich, wenn sie fertig sind. Nicht früher, nicht später.
  • Lies deinen Text durch und schicke ggf. doch eine Korrektur, wenn etwas wirklich faktisch falsch ist (Bei mir war es der Eintrittspreis zur Lesung. Das konnte (nur) online noch korrigiert werden.)
  • Datensicherung: Website / Link sichern. Zeitungsbericht scannen (Copyshop fragen, da Format nicht in den hauseigenen Scanner passt ;))
  • Mehrere Auflagen als Belegexemplar kaufen. Dein Bericht ist einmalig heute und wird nicht wieder gedruckt werden!
  • Verbreite den Bericht auf deinen Kanälen und: Schreib darüber auf deiner Website. Zitiere treffende Beschreibungen.
  • Bedanke dich bei der Redakteurin
  • Geh feiern!!!

"Wo die Welt verschwimmt": Was den Artikel über mein Buch betrifft? Ich war begeistert, wie genau und richtig und stimmig sich die ¾ Seite gelesen hat. Sie hat mein Buch, mein Autoren-Ich wirklich gut erfasst. Das habe ich ihr auch zurückgeschrieben.

Wenn ich dir eines noch mitgeben darf: Hab den Mut, die Redaktionen anzuschreiben. Und dann zeig den Leuten da draußen den Artikel über dich!
(Das ist auch an Mantra ein mich ;))

Schreib mir - oder poste deine Erfahrungen auf Instagram: Ich bin gespannt: Konntest du dein Buch platzieren? Wie? Oder: Warum hat es nicht geklappt? Wie ergeht es dir im Umgang mit den Medien?